Von aussen betrachtet vermutet man auf den ersten Blick – mit ein wenig Fantasie – eine Weltraumstation auf irdischem Boden. Quasi ein Beduinenzelt für den spacigen Weltraumnomaden der Neuzeit. Oder, treffender, ein fensterloses Trockentrainingsareal, um das Leben ohne Schwerkraft zu testen – oder gar ein Barbapapa-Dorf für das dritte Jahrtausend?
Als würde es gleich aus allen Nähten platzen, wäre es nicht so perfekt proportioniert mit seiner glatten, glänzenden silbergrauen Haut, präsentiert sich dieser Tage temporär dieses „Luftschloss“ der britischen Gruppe Architects of Air vor dem Opernhaus in Sydney. Und der Blick unter diese Haut beflügelt die Fantasie Kinder und Erwachsener zugleich, entfaltet sich doch an diesem luftigem Bauwerk beispielhaft Kraft und Magie gelungener Architektur, wenn sie vertraute Grenzen überschreitet.
Der Clou: „Getragen“ wird die Konstruktion durch – ähem – Luft. Ein wenig so als würde man in einen überdimensionalen Luftballon reinklettern und drinnen herumspazieren. Aber auch wenn Luft dabei das tragende Element ist, sind es nicht Luftpolster als Böden und Wände, die für Stabilität sorgen (wie bei einer Hüpfburg), sondern gewissermassen der Luftdruck innen, über selektiven Zufluss gesteuert.
Die nur wenige Millimeter dünne Plastikfolie erlaubt dabei variantenreich unterschiedliche Farbschattierungen, die sich die Bauherren souverän zu Nutze machen: Ausschließlich Tageslicht illuminiert das Innere, gekonnt bunt zu unterschiedlichsten Farbschattierungen und Mustern vereint. Die Architekten selbst sprechen daher bei ihrem Werk gerne auch von einem „Luminarium“.
Was sich aufdrängt: Wenn auch angesichts gefühlter Fragilität der Vergleich mit einem Zelt berechtigt erscheint – einzelne Räume werden per Reißverschluss zusammengehalten – unterstützt der Lichteinsatz zugleich Erinnerungen an Innenräume von Kathedralen und Moscheen.
Dem staunenden Gast präsentiert sich dabei innen die labyrinthartige Installation entsprechend auf eine sinnliche und berührende Weise als beinah perfekte Welt, psychedelisch gefärbt, gekonnt mit sphärischen Klängen untermalt, die es – barfuss oder mit Socken – erst zu entdecken gilt und gleichzeitig zum Ausruhen einlädt. In den vielen Gängen und runden Räumen begegnen einem respektvoll lustwandelnde oder einfach lächelnd am Boden liegende Besucherinnen und Besucher, den Blick versonnen auf diese perfekte Ästhetik gerichtet. Zum Hier-Wohnen fehlen dann nur mehr die entsprechenden Möbel, am besten auch aufblasbar…
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